Paul Kaspars Mama und ich (Birgit) hatten zu Beginn der Schwangerschaft Kontakt. Irgendwann war klar, dass sie kurz vor dem Zeitpunkt der Geburt nochmal umziehen müssen. Damit war unsere gemeinsame Hausgeburt hinfällig und A. plante - auch Aufgrund der Schwierigkeit so schnell keine neue Hausgeburtshebamme zu finden- eine Alleingeburt. Hier ist ihr Bericht:
Nach 7 Wochen warm-up mit Fehlalarmen,
nächtelangen Übungswehen, einem riesigen Bauch und sommerlichen Hitzewellen und viel Geduld.... Wurde an einem Donnerstag Abend gegen 21 Uhr plötzlich deutlich, dass diese "Übungswehen"
jetzt so schmerzhaft sind, dass die Übung wohl nun vorbei war.
Zu diesem Zeitpunkt tat ich das, was ich mir definitiv nicht vorgenommen hatte, ich schaute mir zusammen mit meinem Mann Dokus am Computer an;) Einfach ablenken dachte ich, weil ich noch eine
Nacht mit aufregendem Fehlalarm nicht mehr haben wollte. All die Rituale und Räucherungen und Lieder die wir davor zum wiederholten Male durchgeführt hatten ließ ich nun links
liegen...
Nach der dritten Doku konnte ich nicht mehr "glotzen" und musste auch die halbstündlichen Wehen gut wegatmen. Bei jedem Aufstehen und auf Toilette gehen ging eine Wehe los und schon bald war
klar, dass der Eingang in diese Welt für dieses Kind nun frei wird. Trotzdem zögerte ich noch eine Weile, jemanden Bescheid zu sagen, dass es nun tatsächlich losgeht, hmmm, so ganz traute ich der
Sache noch nicht.
Ich checkte noch einmal das "Geburtszimmer" in unserem Haus. Es war das Schlafzimmer, dass ich mir nun beim Wiedereinzug als Geburtsort und Wochenbett hergerichtet hatte. Die Kinder schliefen mit ihrem Vater im Kinderzimmer....noch...
Mein eigentlicher Plan, mit einem Zelt als Wochenbett und Draussen zu gebären, hatte sich schon ein paar Wochen vorher, als es nur noch nass und kalt war, als nicht mehr stimmig herausgestellt. Als nun an diesem Nachmittag meine Freundin anrief und mit Entsetzen berichtete, dass die Jurte, welche als Geburtsraumalternative eine Option war, gerade in Flammen stand, waren wir beeindruckt von der Klarheit: Hier ist der richtige Geburtsort. Und dieses Feuer der Transformation war wohl der Startschuss für Hullewulle;)
Nun wieder zum besagten Abend... noch
einmal bin ich das Equipment durchgegangen und ja, der Raum war bereit. Die Unterlage auf dem Boden, mit reichlich Abdeckung geschützt, aber für die Geburt mit dem schönsten Tuch geschmückt...
Und das Wetter war auch deutlich, Regen und Kälte, eindeutig eine Drinnengeburt. Und der Regen spielte das sanft übertönende Geräusch, dass mich in Sicherheit wiegte, meine Stimme zu
erheben.
Gegen 11 Uhr räucherte M. mich und den Raum und ich entzündete eine einzige Kerze, nämlich die, welche zwei Freundinnen mir mit den besten Wünschen für die Geburt zum Abschied in schwesterlicher Schwangerschaft überreicht hatten.
Und dann war ich allein, im Halbdunkeln
eine Wehe nach der Anderen begrüßend, im Kontakt mit dem Kind. Immer stärker und immer öfter kamen die Schmerzen und ich versuchte mich in Hingabe und in den Pausen in Entspannung. Ein paar Mal
rief ich nach M., ohne tatsächliche Idee, was er denn tun soll... Er kam dann, war einfach da, und entschwand wieder, um sich um unseren Sohn zu kümmern, der mittlerweile nicht mehr schlafen
konnte, weil Mama so rumbrüllt;) Er schaute einmal während der Geburt ins Zimmer, ging dann aber wieder mit M. in sein Bett, wo er die meiste Zeit wach lag.
Innerhalb von 1-2 Stunden haben die Wehen so rasant in Heftigkeit und Pausenlosigkeit zugenommen, dass ich, wie erwartet, bald an meine gefühlte Grenze kam, wohlwissend, dass es immer noch ein
bisschen weitergeht... Kurz kam der Gedanke, wenn ich doch jetzt im Krankenhaus wäre... Und dann musste ich laut lachen, weil mir klar wurde, dass die Schmerzen dort genauso schlimm wären wie
hier. Nur dort hätte ich evtl. Menschen und Räume in denen ich mich gar nicht wohl fühle. Und so feierte ich einen Moment, dass ich hier, in "meiner Höhle" war.
M. schickte nun eine sms raus, dass es losgeht... Und wie auch schon davor spürte ich: Das ist keine "Alleingeburt". Ich fühlte mich von Anfang an verbunden, mit allen Frauen und Ahninnen, mit
allen Menschen, die mich bis hierher begleitet haben. Und in tiefer Verbundenheit mit dem großen Ganzen, dem Kosmos und der Mutter Erde, die ich bin und sie sind ich, in einem Zustand, der die
Urkräfte erinnert.
Und dann, als ich nicht mehr tat, sondern nur noch war, der Urknall;) Die Fruchtblase platzte und auch sonst wollte alles raus! Nun war M. aktiv dabei, eine Menge Handtücher unter mir zu
wechseln. Und ich spürte ein tiefes inneres Lächeln. Endlich, es fängt an nach unten zu drücken, was mir im Vergleich zu den ziehenden Öffnungswehen ein wunderbares Gefühl war. Auch meine Stimme
und Körperhaltung änderte sich schlagartig. Eine Welle der Kraft erfasste mich. Ich fühlte mich so stark und wusste, dass alles in Ordnung ist und freute mich auf den letzten Teil der
Geburt.
P. der in Lindau war, machte sich auf den Weg zu uns. M. Anspannung wuchs, weil er wusste, jetzt gibt es kein Zurück mehr und er hat ja die Verantwortung für die ersten Minuten nach der Geburt
übernommen. Wird alles in Ordnung sein mit dem Kind, mit mir?
Mit lauter Stimme und unglaublicher
Energie ging ich in die Knie, hielt mich am Bettrand fest und bewegte mich mit meinem Körper mit. Da stand unser Sohn in der Tür... M. sagte: "Geh mal zurück in dein Zimmer", er war angespannt,
konzentriert.... Ich sagte: "Komm doch rein!" Und so stand er gerade im Zimmer, als der Kopf unseres Kindes herauskam.
Dann atmete ich einmal durch, spürte, wie sich das Kind dreht und gab mit einem letzten Schrei das Kind in das Leben, aufgefangen von M.s Händen.
Genau diesen letzten Schrei hörte P., als
er gerade einen Stockwerk tiefer zur Tür hineinkam, und dann hörte er den ersten Schrei unseres Kindes, schon stand er in der Tür, sah unsren Sohn, sah M. mit dem frischen Erdenbürger auf den
Händen und mich, die sich gerade umgedreht hatte, um das Baby mit meinen Armen in Empfang zu nehmen.
In meinen Armen drückte sich das kleine Wesen erstmal mit einem Arm ab, hob seinen Kopf und schaute mich an! Mit lauter Stimme schrie es ein bisschen, um dann in meinen Armen zu verweilen. Unser
Sohn hatte es sich solange auf unserem Bett gemütlich gemacht und fragte nach ca. 20 Minuten: "Ist es denn jetzt ein Junge oder ein Kind?" Und das fragte ich mich zu diesem Zeitpunkt dann auch
erst.... und ja, es ist ein Junge! Mit ziemlich vielen Haaren;)
Der Große ging dann, nachdem er viel kommentiert und gefragt hat, was aber eher P. oder M. wiedergeben können, zusammen mit M. in sein Bett: " Ich wusste ja nicht, dass ihr vorhattet, heute Nacht
Hullewulle auf die Welt zu bringen".
Mein Körper fing vom Adrenalinrausch total zu zittern an und so gab ich kurzeitig unseren Sohn in P.s Arme, der vor mir kniete. 50 Minuten nach dem Kind gebar ich dann noch die Plazenta. Etwas später nabelten wir den Kleinen dann ab, weil die Nabelschnur so unangenehm kalt war und ich Sorge hatte, dass ich irgendwie daran hängenbleibe und so am Bauchnabel vom Kleinen ziehe. Erschöpft blieb ich auf der Bodenunterlage liegen und ließ mich für die Nacht umsorgen und schlief dann mit unserem Sohn auf dem Bauch ein. Trinken wollte er noch nicht, was ich von unseren großen Söhnen anders kannte... Dafür schaute er mich am nächsten Tag an, ich sagte zu ihm "Hallo, ich bin deine Mama." Er lächelte und fing an, an der angebotenen Brust ein, zweimal zu saugen. Dann hielt er pötzlich ganz still, die Augen wurden groß und dann tat er für eine Stunde lang nichts anderes mehr ausser an der Brust zu saugen. L. wurde am nächsten Morgen von seinem Bruder mit der Neuigkeit geweckt: Hullewulle ist da! Und so lag ich dann morgens da, mit dem neuen Erdenbürger umkreist von großen und kleinen Männern.
Und jetzt hat er auch einen Namen:
Paul Kaspar- der Jüngere, Kleine, der Hüter der Schätze
Dass Kaspars Alleingeburt ein illegaler Akt war, erfuhren wir erst nach einer Woche, als M. die Geburt beim Standesamt melden wollte. Denn in Österreich gibt es eine Hinzuziehungspflicht (Hebamme/Arzt) bei Geburten. Zum Glück habe ich das einfach nicht gewusst und war mir meiner Sache ganz sicher.... Und irgendwie habe ich mich schon daran gefreut, dass wir ein Kind geboren haben und Kaspar fast eine Woche lang ein Dasein jenseits von Registrierungen und Ämtern geführt hat. Passend zu seiner Entstehungsgeschichte und der Schwangerschaft, mal wieder ein sehr eigener Weg. Kaspar ist für mich das Wesen, dass ich schon lange gefühlt habe. Er ist sehr klar, was er möchte und was ihm nicht passt, von der ersten Minute an. Und er ist sehr präsent und wach, auch sofort, ab Geburt. Somit habe ich nun zu tun, mich mit Kaspars Wesen einzustimmen, so dass wir einen harmonischen Gleichklang finden können. Und Lebensfreude hat der kleine Mann und ein fröhliches Gemüt, auf dessen Entdeckung mit viel Lachen ich mich schon freue!
Wir freuen uns sehr, dass Paul Kaspar jetzt bei uns ist und sind voller Dankbarkeit für sein Wohlergehen