Mein Geburtsbericht – Milan Henry, 1. Kind, März 2020
Als ich von dem kleinen Wunder in meinem Bauch erfuhr, stand sehr schnell für mich fest, dass ich mir keine typische Geburt in einem Krankenhaus wünsche. Der Gedanke daran, in einem Krankenhaus übernachten zu müssen, ohne meinen Partner, mit einer fremden Frau im Zimmer, die ggf. tagtäglich die ganze Familie zu Besuch hat, der Krankenhaus-Geruch.... all dies hat mich nachdenken lassen, welche Möglichkeiten noch bestehen. Ich wünschte mir eine Geburt, die nur meinem Partner und mir gehörte, in einer gemütlichen Umgebung. Ich wollte mich wohlfühlen, mir keine Gedanken machen müssen wer die fremden Menschen in meinem Zimmer sind, mich fallenlassen können, einfach vertrauen.
Schnell fand ich den Gedanken einer Hausgeburt sehr schön. Mein Partner war zu Beginn nicht sonderlich angetan- das Risiko war ihm einfach zu hoch „Was, wenn etwas während der Geburt passiert?“, „Du und das Baby haben keine medizinische Versorgung“, „es ist kein Arzt anwesend“, „ins nächste Krankenhaus brauchen wir mindestens 20 Minuten“.
Ein Infogespräch mit Birgit konnte ihn jedoch schnell vom Gegenteil überzeugen. Das Gespräch war einfach super! Alle Fragen wurden beantwortet bevor wir sie überhaupt stellen konnten. Der Ablauf, die Risiken, aber auch die Vorteile einer Hausgeburt wurden uns ehrlich und verständlich erläutert – mein Entschluss einer Hausgeburt stand ab diesem Zeitpunkt (und das auch NUR mit Birgit!) fest! Nun hatte ich nur noch das „Hindernis“ mein Partner... was würde er sagen? Würde er mich in meiner Entscheidung unterstützen?
Klar... am Ende des Tages ist es meine Entscheidung, aber man möchte doch gerne das Einverständnis des Partners. Also nahm ich meinen Mut zusammen und fragte ihn nach dem Kennenlerntermin bei Birgit auf dem Heimweg mit ganz viel Hoffnung.
„wenn Du noch möchtest... ich bin von einer Hausgeburt überzeugt!“ Jackpot!!!! Sofern das kleine Wunder in meinem Bauch und die Medizin nichts dagegen haben, wird es also eine Hausgeburt.
Um Birgit und ihre Arbeitsweise ein wenig besser kennenlernen zu können, habe ich mich dazu entschlossen, meinen Geburtsvorbereitungskurs bei ihr zu machen. Auch der einfache Fahrtweg von einer knappen Stunde konnte mich davon nicht abhalten
Leider durfte ich nur 3 Abende und den ersten Partnerabend mitmachen, bevor der Kurs zur Sicherheit aufgrund der beginnenden Corona-Pandemie abgesagt wurde (was natürlich die absolut richtige Entscheidung war). Dies tat dem Ganzen jedoch keinen Abbruch – wir blieben über E-Mail in Kontakt und Birgit teilte uns mehrfach mit, dass wir uns jederzeit melden können und Birgit einen Weg finden wird uns zu unterstützen.
Unsere Familien und viele Freunde fragten mich oft, ob ich Angst vor der Geburt hätte „so ganz ohne Schmerzmittel“ und „was, wenn doch etwas schief geht?“. Meine Antwort war immer dieselbe: „Ich vertraue mir, dem Baby, meinem Körper und Birgit zu 100%“
Sobald ich an den Tag dachte, an dem sich unser kleiner Mann auf den Weg machen würde, zauberte der Gedanke ein Lächeln auf meine Lippen. Von Angst konnte man wirklich nicht sprechen! Respekt war das richtige Wort. Respekt und Vertrauen.
Die Tage und Wochen flogen nur so an uns vorbei und ehe ich mich versah, war der große Tag gekommen.
Ich wachte morgens um 6:10 Uhr auf (11 Tage vor ET) und spürte ein Ziehen. Dieses Ziehen fühlte sich jedoch anders an als die bekannten Senkwehen... was war das? Ging es nun los? Sind das Übungswehen?
Mein Partner fuhr in die Arbeit, nachdem er sich vergewissert hatte, dass er mich wirklich alleine lassen kann. (Ich war absolut sicher „Klar fährst du in die Arbeit!“ Denn jetzt würde sich der kleine Mann doch noch nicht auf den Weg machen! Es ist unser 1. Kind und die lassen sich ja bekannter Weise immer Zeit. Dieses Ziehen verschwindet sicherlich gleich wieder) Ich hab mich an den Geburtsvorbereitungskurs und Birgits Aussage erinnert „Geburtswehen kann man nicht abschwächen und ganz sicher nicht verschlafen!“.
Zur Sicherheit informierte ich Birgit per E-Mail über den aktuellen Sachstand. (Um 7 Uhr morgens rufe ich sicherlich nicht wegen „sowas“ an) Birgit meinte, dass es tatsächlich Wehen sein könnten und die Idee eines Bades sehr gut ist.
Also ließ ich mir eine Badewanne ein und beobachtete die Uhr. Dieses Ziehen kam alle 10 Minuten... aber ne, das geht ganz sicher gleich wieder weg! Ab in die Badewanne. Die Wärme tat richtig gut so früh am Morgen. 1,5 Stunden später wurde das Ziehen immer noch nicht weniger und auch die Abstände veränderten sich nicht... immer noch alle 10 Minuten. Komisch! Naja, vielleicht frühstücke ich erst einmal...
Mein Partner schrieb mir währenddessen unentwegt wie es mir geht, ob sich etwas verändert, soll er kommen? (er hatte auch noch einen Geschäftstermin) Natürlich braucht er nicht kommen – mir geht’s ja schließlich gut und das sind sicherlich keine Wehen, denn dieses Ziehen verschwindet ja gleich wieder
Für 14 Uhr war ich bereits seit über 1 Woche mit einer Freundin zum Kaffee verabredet und ich freute mich wirklich sehr auf dieses Treffen. Also kam sie auch- war ja schließlich nur ein Ziehen (das inzwischen alle 8 Minuten kam), welches auch bald wieder verschwinden würde
Um 14:30 Uhr ließ ich mich doch dazu überreden eine Wehentracker-App herunterzuladen und das „Ziehen“ einfach mal zu dokumentieren. Siehe da, mein Handy meinte ich solle doch so langsam meine Kliniktasche packen und meine Dokumente zusammensuchen.... hmmmm, vielleicht doch nicht nur ein Ziehen?!?
Um 16 Uhr entschied ich mich Birgit telefonisch über den Sachstand zu informieren. Inzwischen kamen die Wehen (Ja ok, es waren also Wehen ) alle 5 Minuten und hielten für ca. 40 Sekunden an. Birgits Aussage hierzu war dann „Ach, du hörst Dich noch zu gut an, als dass es gleich richtig los geht. Melde Dich doch bitte, sobald sich etwas ändert- jedoch spätestens heute Abend.“ Na gut... sag ich doch... vielleicht ja doch nur ein Ziehen
Was machen Mädels, wenn sie alleine sind? Richtig... also feilte meine Freundin mir meine Nägel und lackierte sie mir auch noch einmal, dass – falls es nun doch losging – ich keine rausgewachsenen Nägel auf den ersten Bildern habe ja- mir ging es wirklich gut!
Um 18 Uhr löste mein Partner meine Freundin mit dem Wehen tracken ab. Wir bestellten noch etwas beim Italiener zu essen (meine Penne Bolognese habe ich dann im Vierfüßler-Stand zu mir genommen ^^) und als ich während den Wehen keine Witze mehr gemacht und auch mal konzentrierter atmete, informierte mein Partner um 19:30 Uhr Birgit erneut über den aktuellen Sachstand. Birgit machte sich auf den Weg zu uns.... (hoffentlich ist es nicht nur ein Ziehen, denn sonst muss die arme Birgit ja 1 Stunde zu uns und 1 Stunde umsonst nach Hause fahren. Das geht gar nicht!)
20:30 Uhr traf Birgit bei uns ein und nachdem ich ihr von meiner einzigen Sorge erzählte (dass sie nicht umsonst gefahren ist), tastete sie nach dem Muttermund. Siehe da- nicht nur ein Ziehen, denn dieser war bereits 4 cm offen. Was nun? Nachdem ich den ganzen Tag Runde um Runde in meinem Wohnzimmer drehte sollte ich mich hinlegen und versuchen noch einmal Kraft zu tanken. Ich entschied mich für ein warmes Bad.
Ab 22 Uhr wurden die Wehen etwas stärker und mir war auch nicht mehr nach Small Talk zumute. Die Wehen atmete ich für mich in meiner eigenen Welt weg. Ich war mental bei unserem Baby und bei mir – nahm meine Umwelt nur noch schwach war. Innerlich nahm ich regelmäßig Kontakt zu unserem Baby auf, streichelte meinen Bauch- wollte, dass sich unser Kleiner sicher und geborgen fühlt, er keine Angst hat und dass es ihm gut geht.
Ein erneutes Tasten um 23 Uhr führte zutage, dass der Muttermund nun bereits 6cm offen war – die Hälfte wäre also geschafft.
Um 2 Uhr morgens platzte dann endlich die Fruchtblase. Es wurde ganz warm und der Gedanke daran, dass es nun in die Endphase ging, brachte mir neue Energie. Ziemlich schnell setzten dann auch schon die Presswehen ein.
So lag ich nun in meinem Wohnzimmer auf der Couch, atmete und presste mich von Wehe zu Wehe. Birgit zu meinen Füßen, das ganze Geschehen im Blick und mein Partner kniend neben mir - mein Fels in der Brandung.
In den Pausen erinnerte ich mich wieder an Birgits Worte aus dem Geburtsvorbereitskurs „versucht die Pausen zu nutzen und euch schnellstmöglich zu entspannen. Denkt nicht an die nächste Wehe, sondern freut euch darüber, dass ihr wieder eine Wehe weniger habt.“ – dies versuchte ich umzusetzen. Bedankte mich bei der Wehe, dass sie nun vorbei ist und konzentrierte mich auf meine Atmung (so gut wie möglich).
Als ich dachte, dass unser Baby gar nicht kommen möchte, spürte ich auf einmal das Köpfchen, wie es sich den Weg nach draußen erkämpfte. Mit Tränen in den Augen schaute ich meinen Partner an „er kommt jetzt Schatz! Ich spüre das Köpfchen!“ Dieses Gefühl war einfach unbeschreiblich schön! (auch jetzt beim Schreiben laufen mir vor Freude die Tränen herunter) Ich konnte es nicht glauben! Werde ich wirklich gleich unseren Schatz sehen? Riechen? Fühlen? Wissen wie er aussieht?
Tatsächlich... 3 Wehen später war das Köpfchen geboren und ich spürte die Bewegung zwischen meinen Beinen. Dieser warme Körper... dieses Gefühl werde ich im Leben nicht mehr vergessen! Dies war der erste Körperkontakt zu meinem Sohn.
Nun gab es kein Halten mehr! Ich wollte ihn endlich in den Armen halten. Mit der nächsten Wehe war das Wunder um 3:10 Uhr geschehen – unser Milan war da! Die Zeit stand still und als er endlich auf meiner nackigen Brust lag, war ich der glücklichste Mensch auf dieser Welt! Dieses Gefühl – einfach unbeschreiblich! Alle Mamas und Papas werden wissen, was ich meine. Es ist nicht im Geringsten möglich dieses Gefühl zu beschreiben!
Mit dem Kleinen auf meiner Brust versuchte ich mein Glück zu realisieren...
40 Minuten später kam auch die Nachgeburt – alles wie es sein soll. Eine wunderschöne Plazenta ohne Komplikationen.
Nachdem die Nabelschnur auspulsiert hatte, wurde der kleine Mann abgenabelt und durfte nun endlich auch seinen Papa kennenlernen. Dies war nun Kuschelzeit für Papa und Sohn. In der Zwischenzeit wurde ich versorgt- ich hatte die Geburt ohne Verwundungen überstanden.
Knapp 2 Stunden nach der Geburt untersuchte Birgit dann unseren kleinen Mann und führte die U1 durch. Auch hier alles wie im Lehrbuch
Nach ein bisschen Papierkram für Birgit und Kuschelzeit für uns (meine beste Freundin musste ich natürlich direkt anrufen und ihr den kleinen Mann per Videocall zeigen ^^ So sind die Mädels eben – hihi) stellte Birgit sicher, dass es mir gut ging, der Kreislauf stabil war und ich einmal den Toilettengang geschafft habe.
Sie klärte uns auf, was nun in den ersten Lebensstunden normal und vollkommen in Ordnung ist und worauf wir achten sollten. Gab uns Infos, was in den ersten Tagen auf uns zukommen wird und Tipps, was uns guttun könnte. (ich habe das alles nur halb mitbekommen – war vollkommen im Glücksrausch. Aber Birgit ist gut: sie hat natürlich alles auf einen Zettel geschrieben, den sie uns dalassen konnte )
Und dann waren wir zu dritt....
Der kleine Milan, mein Partner und ich in endlosem Glücksrausch und voll endloser Liebe.