Vorbereitet habe ich mich mit der Methode „Die friedliche Geburt“ von Kristin Graf. Sie zielt ab auf selbstbestimmte und gewaltfreie Geburt und distanziert sich von Hypnobirthing. Meine Wunschgeburt war eine Hausgeburt, dennoch mit Optionen für Alternativen.
Sonntag Abend, der 9. Oktober verspürte ich gegen 22 Uhr die ersten Wellen, die sich in Form von leichtem Zusammenziehen der Gebärmutter äußerten. Ein Hauch von Freude, aber gleichzeitig auch Respekt breitete sich in mir aus, denn: Jetzt geht’s wirklich los. Die Abstände waren ziemlich regelmäßig von anfangs 10 bis 15 Minuten und verkürzten sich die Nacht über bzw. morgens dann auf 5 bis 10 Minuten. Schlafen war da dann wohl nicht mehr Thema, eher kurzweiliges Dösen gefolgt von regelmäßigen Blasen- und Darmentleerungen.
Vielmehr konzentrierte ich mich auf die Stimme von Kristin und ihre speziellen Aufnahmen zum Geburtsbeginn. Diese kann man portabel über eine App auf dem Handy und Kopfhörer überall hören, selbst in der Badewanne.
Als dann in der Nacht von Sonntag auf Montag etwas hellrotes Blut und Schleim mit abging, wusste ich es wird wirklich ernst und verspürte erneut Vorfreude. Als ich dann meine Hebamme unsanft aus dem Schlaf geweckt habe, einigten wir uns darauf, dass sie in den frühen Morgenstunden zu mir kommen würde.
Bei ihrer Untersuchung gegen 8 Uhr morgens kam raus, dass die Herztöne des Kindes regelrecht, der Muttermund aber lediglich ein bis maximal wenige Zentimeter offen war. Das Köpfchen des Kindes hing allerdings noch oberhalb des Schambeins, wo es einfach nicht hingehörte. Also versuchten wir (Hebamme, Partner und ich) mit allen gymnastischen und sonstigen Mitteln, dass sich der Kopf ein Stück nach unten bewegt. Das machte mir nicht gerade Mut nach der Nacht voller Wellen, dennoch sind mir immer noch die Worte der Geburtsvorbereitung und von ein paar Büchern im Kopf: Bei Erstgebärenden kann es durchaus etwas länger dauern, also verliere nicht die Geduld.
Wir setzten uns einen zeitlichen Rahmen, bis wohin wir warten wollten, ob sich etwas verändert.
Einige Stunden später, mit zwischendurch immer wieder Kontrolluntersuchungen über CTG, Muttermundsbefund und gymnastischer Verausgabung samt Spaziergang wollte das Köpfchen noch immer nicht ins Becken rutschen. Allerdings ging der Muttermund immer weiter auf, das machte mir Mut. Nichtsdestotrotz empfahl mir meine Hebamme, die den kompletten Tag bei uns verbrachte, eine Verlegung ins Klinikum. Sie würde uns sogar noch begleiten und die Übergabe zu der diensthabenden Hebamme übernehmen. Das gab mir unglaublich viel Sicherheit, stellte ich im Nachhinein fest, da sie alles Organisatorische zusammen mit meinem Partner übernahm, sodass ich mich nahezu völlig auf meine Atmung und mein Inneres konzentrieren konnte.
Es war nicht die Traumvorstellung in die Klinik zu wechseln, aber sowohl mein Partner und ich verstanden, dass es anders nicht vorwärts ging.
Gegen 17 Uhr im Krankenhaus angekommen wurden wir freundlich empfangen und gleich in den Kreissaal geleitet. Es war außer mir keine Gebärende vor Ort. Nachdem die diensthabende Hebamme mit mir kurz durchging, wie meine Einstellung zu Schmerzmittel und weiterem Vorgehen ist, bekam ich nach einer vaginalen Untersuchung homöopathische Mittel zur Wehenverstärkung. Dies brachte leider auch nicht den gewünschten Erfolg und so empfahl mir die nächste Hebamme (Schichtwechsel) neben gymnastischen Übungen noch ein Bad in der Gebärwanne. Als kein entscheidender Fortschritt vernommen werden konnte, wurde mit einer kurzen Rücksprache der Arzt informiert. Nachdem er ca. um 20.15 Uhr einen Bauchultraschall gemacht hatte und die Stellung des Köpfchens befunden konnte, sah er keinen anderen Weg außer der Bauchgeburt. Lediglich der Idee der Hebamme, die Fruchtblase zu eröffnen, folgte er und gab uns oder besser gesagt mir einen zeitlichen Rahmen, in dem es vorwärts gehen sollte. Diese Töne hat der kleine Mann im Bauch wohl verstanden und bewegte sich nach manueller Fruchtblaseneröffnung Richtung Beckenausgang. Ich verspürte bei den Wellen immer mehr einen Pressdrang und augenscheinlich veränderte sich meine Bauchform laut der Hebamme und meinem Partner. Zur Vorsorge wurden ein CTG angebracht und ein Zugang am Unterarm gelegt. Die Wellen wurden intensiver und so konnten wir den kleinen Nils um 21.39 Uhr über eine natürliche vaginale Geburt in unseren Armen halten.
Fazit:
Auch wenn der Verlauf der Geburt anders geplant war, war es für mich eine friedliche und selbstbestimmte Geburt. Zu jeder Zeit wurde mit mir Rücksprache gehalten und das weitere Vorgehen besprochen, sowohl von der jeweiligen Hebamme als auch vom Arzt. Ich hatte die meiste Zeit der Geburtsphasen meine eigenen vier Wände um mich, das gab mir Ruhe und Sicherheit. Trotz des ungeplanten Wechsels in die Klinik empfand ich den Ort als angenehme und wohlwollende Atmosphäre. Eine herausfordernde, aber unbezahlbare Erfahrung!